// 11.05.2021

1941 bis 1950

Von Licht und Schatten

Jubiläum
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Zu Beginn der 1940er Jahre wird auch das Electricitaetswerk durch den anhaltenden Krieg erschüttert. Reparaturen, die dringend notwendig gewesen wären, werden aufgeschoben, denn es mangelt schlichtweg an allem: Geld, Material und Arbeitskraft.

Als schreckliche Folge dieses Arbeitskräftemangels und der Vorherrschaft der Nationalsozialisten, werden auch im E-Werk ab 1941 Kriegsgefangene eingesetzt. Heute lässt sich nicht mehr nachvollziehen, wie viele es waren, wo sie eingesetzt waren, wo sie lebten. Auf ein dunkles Jahrzehnt folgen weitere finstere Jahre, die man am liebsten vergessen würde – doch ist nichts wichtiger als das Erinnern an diese grauenhaften Zeiten, die sich niemals wiederholen dürfen.

Improvisation und Mangel

1942 verringert das E-Werk seine Eigenproduktion um ganze 20 Prozent, ein enormer Einschnitt. Aufgrund massiver Kürzungen bei der Kohlezuteilung, bleibt den Städtischen Werken schlichtweg nichts anderes übrig. Um die Energieversorgung aufrecht zu erhalten, muss enorm viel Strom über die Verbundleitung mit RWE bezogen werden – der Anteil zugekauften Stroms steigert sich um sage und schreibe 230 Prozent. Ein Rekordwert.

Was der Energieversorgung Jahre später noch zum Verhängnis werden wird: Die staatlich verordnete Kupferabgabe. Überall in Oberhausen graben die Werksarbeiter Kupferleitungen aus und ersetzen sie durch minderwertige Eisenseile – oder auch gar nicht. Im ersten Jahr der andauernden Aktion liefert das E-Werk 29,5 Tonnen Kupfer, 10,4 Tonnen Altblei und 600 Kilogramm Rotgusslegierungen an die Kriegsmaschinerie. 1944 sind es 35 Tonnen Kupfer, 40 Kilometer Freileitungen werden im Rahmen der Kupferaktion ersatzlos ausgebaut oder notdürftig durch Eisenseile ersetzt.

Für einen großen Schreckensmoment sorgt ein Bombeneinschlag in das Betriebsgebäude am 2. Juni 1942, der jedoch nur geringe Schäden an den Produktionsanlagen zur Folge hat. So glimpflich wird es jedoch nicht immer ausgehen…

Bereits ein Jahr später, 1943, schlagen erneut Bomben in das Betriebsgebäude ein. Die Erinnerungen eines Arbeiters sind bis heute überliefert:

[…] Und jetzt fiel so ein Ding direkt vor unser großes Tor in der Hauptwerkstatt. Eine dicke Staubwolke hüllte uns ein. […] An allen Ecken und Kanten brannte es.

100 Jahre öffentliche Stromversorgung in Oberhausen. Eine Zeitreise durch die Geschichte der Energieversorgung Oberhausen // S. 50

Von nun an werden die Angriffe auf das Stadtgebiet immer häufiger und stärker, die Schäden an Gebäuden, Einrichtungen und den Versorgungsanlagen immer größer. Der Zählerprüfraum brennt bei einem Angriff am 23. Juni 1943 vollständig aus. Die Behebung der entstandenen Schäden wird durch das Fehlen der erforderlichen Materialien immer schwieriger; auch der Mangel an geschultem Personal macht sich stark bemerkbar. Trotzdem kann die Versorgung, dank des unermüdlichen Einsatzes der gesamten Belegschaft, mit nur unwesentlichen Unterbrechungen fortgeführt werden

Am schwersten werden die Stromerzeugungsanlagen dann bei einem Angriff am 4. Dezember 1944 in Mitleidenschaft gezogen. Die Kraftwerksgebäude, drei Kaminkühler und die Entwässerungsanlagen werden dabei schwer beschädigt. Durch Einsturz des westlichen Teils des Maschinenhausdaches entstehen an den Schalt- und Verteilungsanlagen erhebliche Schäden. Die Stromerzeugung kann deshalb nur unter den schwierigsten Bedingungen aufrechterhalten werden.

Die Kosten der Kriegsschäden am E-Werk belaufen sich auf über 1,8 Millionen Reichsmark. Über menschliche Verluste ist heute bedauerlicherweise nichts mehr bekannt.

Als Folge der immensen Kriegsschäden passiert Anfang 1945 das Undenkbare: Die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser muss eingestellt werden. Die Anlagen zur Stromerzeugung will man sprengen. Die Mitarbeiter des E-Werks jedoch leisten mutigen Widerstand und können diese Anordnung kippen.

Ein Lichtblick

Mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen endet am 11. April 1945 der Zweite Weltkrieg in Oberhausen. Im Gefühlschaos aus Erschöpfung, Verzweiflung und Erleichterung wird versucht, die Versorgung der Stadt schnellstmöglich wiederaufzunehmen.

Der Wiederaufbau der Stadtwerke genießt höchste Priorität unter größtmöglichen Schwierigkeiten. Noch immer fehlt es an allem. Aufgrund der beginnenden Entnazifizierung ist die Belegschaft dezimiert. Wie zu Beginn des Jahrzehnts gibt es weder Geld, noch Material, noch Arbeitskraft.

Wiederaufbau

Unter massiven Einschränkungen kann jedoch bereits im April 1945 wieder Strom geliefert werden, aufgrund der immensen Schäden jedoch mit einer deutlich verminderten Leistung. Wo eine Produktion mit einer Leistung von über 11.500 Kilowatt möglich wäre, schaffen die stark beschädigten Anlagen gerade einmal ein Sechstel, rund 2.000 Kilowatt.

Im November folgt der Rückschlag: Aufgrund des nicht mehr zu tragenden Kohlemangels steht die Produktion erneut still. RWE springt ein und übernimmt die Versorgung der Stadtteile, für die sonst das E-Werk in Alt-Oberhausen Sorge tragen würde. Die entstehende Zeit wird genutzt, um alle Anlagen zu überholen. Der Wiederaufbau hält somit auch bei den Stadtwerken Einzug.

Ab dem 21. Januar 1946 erzeugen die Stadtwerke nach britischer Genehmigung wieder eigenen Strom. Zwar muss die Versorgung durch den anhaltenden Kohlemangel immer wieder unterbrochen werden, doch für Oberhausen ist es im wahrsten Sinne des Wortes ein Lichtblick.

1947 hat sich die Stromerzeugung bereits verdoppelt – auf 22 Millionen Kilowattstunden Jahresproduktion. Trotzdem kommt es immer wieder zu Versorgungsunterbrechungen. Noch immer herrscht Kohlemangel. So wird der Strom in den Stadtteilen zweimal pro Woche zwischen 10 und 16 Uhr abgestellt, etwas, das heute kaum zu fassen ist. Nichts würde funktionieren, kein Herd, kein Computer, kein Fernseher.

1949 macht sich der Raubbau an den Oberhausener Netzen schließlich bemerkbar. Flächendeckend entwickeln sich mehr und mehr Spannungsverluste durch den Austausch der Kupferleitungen durch Eisenteile im Zuge der geforderten Kriegsabgaben. 70 Kilometer Freileitungen müssen erneuert und überholt werden. Weitere fünf Kilometer folgen ein Jahr später.

1950 kommt es erstmalig wieder zu einer größeren Investition: Die öffentliche Beleuchtung wird verbessert und 186 neue Lampen im Stadtgebiet angebracht. Die dunklen Jahre sind vorbei, Oberhausen sieht wieder Licht.

Unsere Informationen sind entnommen aus: Energieversorgung Oberhausen AG (EVO) (Hg.), 2001: "100 Jahre öffentliche Stromversorgung in Oberhausen", Oberhausen.

Autor:
Sina Sitzmann s.sitzmann@evo-energie.de 0208-835 2960