// 23.11.2020

Wir leben Innovation!

evo investiert in ein effizientes und ressourcenschonendes Referenzobjekt

Nachhaltigkeit
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Es ist Montagmorgen, etwa halb 10 und die Augustsonne steht hell und gleißend am Himmel. Trotz der Hitze versammeln sich Christian Basler, Hauptabteilungsleiter der Energieerzeugung bei der Energieversorgung Oberhausen AG (evo), Projektleiter Sebastian Mombeck und das Team vor dem Heizkraftwerk II in Oberhausen Sterkrade. Mit großer Spannung wird hier ein wichtiges Ereignis erwartet.

Schlagartig geht alles ganz schnell. „Der LKW ist unterwegs“ heißt es plötzlich. Nur knappe vier Kilometer entfernt startet ein schwer beladener Laster der MAN Energy Solutions SE (MAN-ES) mit einer ganz besonderen und wertvollen Fracht: die neue Gasturbine MGT8000.

Als sich die Pforte zum Kraftwerksgelände dann öffnet und der Transporter vorsichtig vor die Tore des HKW II rollt, liegt fast greifbare Spannung in der Luft. Und das nicht nur beim Projektteam der evo: Auch die geladenen Gäste, allen voran Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen Daniel Schranz, aber natürlich auch die Teilnehmer der MAN-SE, Dr. Sven-Hendrick Wiers (Vice President Gas Turbines & Head of Oberhausen Site) sowie Helmut Brodrick (Betriebsratsvorsitzender MAN) verfolgen das Geschehen mit Begeisterung. Bei der MAN-ES am Standort Sterkrade, quasi um die Ecke also, wurde die moderne Gasturbine konstruiert. Die evo wird den Prototyp als erster Betreiber überhaupt in Betrieb nehmen.

Modell mit Strahlkraft

Nun würde ich mich selbst als absolute Technik-Laie bezeichnen. Und dennoch: Als die große, silberne Turbine mit den vielen Verschraubungen, feinen Verbundstellen und zahlreichen Rohren und Schläuchen angeliefert wird, wirkt sie mehr als imposant. Und das ist sie auch. Denn in ihr steckt modernste Technik.

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Da sie besonders effizient und ressourcenschonend arbeitet und nur geringe Emissionen ausstößt, geht die evo mit ihrer neuen Turbine einen weiteren großen Schritt in Richtung Energiewende für die Stadt. Das System der Gasturbine arbeitet nach dem Prinzip der sogenannten Kraft-Wärme-Kopplung. Das bedeutet, das gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden, denn mit der Turbine werden Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt. Insgesamt liefert die Anlage 8,5 Megawatt elektrische und 14 Megawatt thermische Leistung. Es wundert also nicht, dass die evo und MAN-ES sich entschieden haben, die Gasturbine MGT8000 zu einem Referenzprojekt zu ernennen und an ihr die Sektorenkopplung – also die zeitgleiche Erzeugung verschiedener Energieformen – weiterzuentwickeln. Hinzu kommt noch: Die Turbine kann außerdem mit bis zu 50 Prozent Wasserstoff betrieben werden.

Für Oberhausen bedeutet der Einsatz der neuen Turbine konkret, dass in Zukunft weitere 10.000 Haushalte mit Strom und weitere 7.700 Haushalte mit Wärme direkt durch die evo versorgt werden können. Das stärkt unsere Netze und so letztlich auch die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt.

Schritt für Schritt zum Erfolg

Bereits im November 2018 schlossen die evo und die MAN-ES den Vertrag für die Konstruktion und den Betrieb der neuen Gasturbine. Bis zur Anlieferung und Montage musste dann noch viel geschehen. Die Vorbereitungsarbeiten waren spannend wie umfangreich.

Zunächst galt es, die ehemalige Gasturbine MAN/GHH FT8 abzuschalten und zu demontieren. Dies tat die evo nicht gerade leichtfertig. Für alle Beteiligten war die Abschaltung der alten Turbine ein historisches Ereignis – denn Gasturbinen haben bei uns eine lange Tradition. Feierlich und würdevoll erfolgte die Abschaltung der Maschine am 31. Januar 2019 um 18 Uhr, auf den Tag genau 23 Jahre nach Inbetriebnahme. Kein Geringerer als Udo Basler, der als ehemaliger Kraftwerksleiter die Turbine einst selbst in Betrieb nahm, drückte schließlich auf den alles entscheidenden Knopf: nach über 100.000 gelaufenen Betriebsstunden, 1.800 erzeugten Gigawattstunden Strom und 2.570 Gigawatt Wärmeerzeugung.

Schon bei der Herstellung, Montage und Inbetriebnahme der ehemaligen Turbine zeigte die evo ihre große Bereitschaft, in Punkto Innovation voranzugehen. Bereits 1995 setzte man auf den Einsatz modernster und innovativer Technik – übrigens auch damals in Zusammenarbeit mit MAN. Für die Energieversorgung entschied man sich gemeinsam für ein modifiziertes Flugzeugtriebwerk. Dieses konnte sowohl mit dem reichlich vorhandenen und umweltschonenden Brennstoff Erdgas betrieben werden, erlaubte alternativ aber auch den Einsatz von leichtem Heizöl.

Nach erfolgreicher Abschaltung, da die Turbine die schlichtweg ihre Lebensdauer erreicht hatte, konnte im April 2019 schließlich damit begonnen werden, die alte Anlage mit all ihren Bestandsteilen zurückzubauen. Im Anschluss wurden per Schwertransport die beiden Einzelteile des neuen Turbinentisches der Bottroper Firma Walter Schmitz Stahl- und Anlagenbau GmbH geliefert. Da der Schwertransport das Gelände jedoch nicht befahren konnte, musste ein Schwerlastenkran eingesetzt werden, um die tonnenschweren Teile an ihren Platz zu bringen. Es folgten die Installation des Generators und des Abhitzekessels sowie die Anpassung und Montage der Lüftungskanäle, ehe im August der bislang größte Meilenstein erreicht wurde: Die Anlieferung der neuen bereits vollständig konstruierten Gasturbine MGT8000 in einem Stück.

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Jetzt geht es an den Start

Den Testlauf bei MAN hat die neue Gasturbine bereits erfolgreich bestanden. In der kommenden Zeit wird es nun darum gehen, das Referenzobjekt auch vor Ort in umfangreichen Testläufen auf Herz und Nieren zu prüfen. Erst dann kann mit der Inbetriebnahme im Kraftwerk begonnen werden.

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Update:

Die MGT8000 ist nun am Netz

Unsere neue Gasturbine ist mittlerweile erfolgreich in Betrieb. Die Übernahme erfolgte am 18. Januar. Seither läuft die MGT8000 ohne Zwischenfälle und das zwischenzeitlich sogar auf Volllast – aufgrund der zeitweiligen kalten Temperaturen.

Um die Inbetriebnahme sicher und ordnungsgemäß auszuführen, waren noch eine Reihe von Testverfahren nötig – das schreibt der Gesetzgeber so vor. Unter anderen wurden alle Hauptkomponenten und Systeme noch einmal gründlich überprüft. Auf einen Check aller Messwerte und Signale folgte die Einstellung sämtlicher Parameter sowie die Optimierung und Überprüfung der Regelungskreise, der Abschaltkriterien und weiterer sicherheitstechnischer Einrichtungen.

Nun freuen wir uns bei der evo darauf, Betriebserfahrung mit der neuen Anlage zu sammeln, Strom und Fernwärme für Oberhausen zu erzeugen und die Anlage weiter zu optimieren.

Christian Basler // technischer Vorstand der evo

Zur symbolischen Inbetriebnahme kamen die Projektbeteiligten der evo und MAN-ES im Februar noch einmal zusammen. Die Anlagen des HKW 2 wurden dazu unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen gemeinsam begangen.

Als besondere Geste und Auszeichnung für die erfolgreiche Zusammenarbeit überreichte Jörg Meier, Projektmanager auf Seiten der MAN-ES, Christian Basler in originalgetreues Modell der Gasturbine. Das Besondere daran: Das Modell wurde im hauseigenen 3D-Drucker bei MAN-ES hergestellt.

Hier geht's zum Film über unsere neue Gasturbine!

Autor:
Sina Sitzmann s.sitzmann@evo-energie.de 0208-835 2960